Der Panama-Hut: oder Was einen guten Therapeuten ausmacht (German Edition) by Yalom Irvin D

Der Panama-Hut: oder Was einen guten Therapeuten ausmacht (German Edition) by Yalom Irvin D

Autor:Yalom, Irvin D. [Yalom, Irvin D.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2013-05-27T22:00:00+00:00


49. Widerstand gegen Entscheidungen

Warum sind Entscheidungen so schwierig? In John Gardners Roman Grendel konsultiert der Protagonist, verwirrt von den Rätseln des Lebens, einen weisen Priester, der zwei simple Wendungen in sechs erschreckenden Worten äußert: »Alles vergeht« und »Alternativen schließen sich aus«.

»Alternativen schließen sich aus« – diese Tatsache liegt vielen Entscheidungsproblemen zu Grunde. Für jedes »Ja« muss es ein »Nein« geben. Entscheidungen sind kostspielig, weil sie Verzicht fordern. Dieses Phänomen hat große Geister immer schon beschäftigt. Aristoteles stellte sich einen hungrigen Hund vor, der unfähig ist, zwischen zwei gleich reizvollen Futterportionen zu wählen, und die mittelalterlichen Scholastiker schrieben über Burridans Esel, der zwischen zwei gleich süß duftenden Heuballen verhungerte.

In Kapitel 43 habe ich den Tod als eine Grenzerfahrung bezeichnet, die ein Individuum von einem Alltagszustand in einen ontologischen Zustand versetzen kann (einen Zustand, in dem wir uns des Seins bewusst sind), in dem Veränderungen eher möglich sind. Eine Entscheidung ist ebenfalls eine Grenzerfahrung. Sie konfrontiert uns nicht nur damit, in welchem Maße wir uns selbst erschaffen, sondern auch mit den Grenzen unserer Möglichkeiten. Wenn wir eine Entscheidung treffen, schließen wir etwas aus. Eine bestimmte Frau zu wählen, eine Karriere oder eine Schule, heißt, auf andere Frauen, Karrieren, Schulen zu verzichten. Je öfter wir diese Begrenztheit erfahren, desto mehr müssen wir vom Mythos unserer persönlichen Besonderheit, unseres uneingeschränkten Potenzials, unserer Unvergänglichkeit und Immunität gegen die Gesetze der Biologie preisgeben. Aus diesen Gründen bezeichnete Heidegger den Tod als Unmöglichkeit weiterer Möglichkeit. Der Weg zu einer Entscheidung kann schwer sein, weil er auf das Terrain der Endlichkeit und gleichzeitig Bodenlosigkeit führt – Bereiche, die sehr angstbesetzt sind. Alles vergeht, und Alternativen schließen sich aus.



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